Blumen für Polt : Kriminalroman

Komarek, Alfred, 2000
Gemeindebücherei Heiligenbrunn
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85218-321-3
Verfasser Komarek, Alfred Wikipedia
Systematik DR - Romane, Erzählungen und Novellen
Schlagworte Krimi, Weinviertel, ländliche Gemeinde
Verlag Haymon
Ort Innsbruck
Jahr 2000
Umfang 190 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Alfred Komarek
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Barbara Rieder;
Im Weinviertel spielender Krimi - Gendarmerieinspektor Simon Polt ermittelt wieder. (DR)

*f37*
Zum zweiten Mal lässt der gebürtige Bad Ausseer Alfred Komarek den sympathisch behäbigen Inspektor Polt ermitteln. Das oberflächlich paradiesisch anmutende Weinviertel ist einmal mehr Schauplatz mysteriöser Unfälle, die sich schließlich als kaltblütige Morde entpuppen. Willi - ein geistig behinderter Außenseiter - und Freund Simon Polts, wird eines Tages unter einem steilen Lößabsturz gefunden. Alles tippt auf einen Unfall - nur Polt kann dies nicht so recht glauben, hat er doch kurz vor dem angeblichen Unfall noch mit Willi geplaudert. Kurze Zeit darauf geschieht ein tödlicher Verkehrsunfall - auch hier gibt es Ungereimtheiten. Polt recherchiert, trinkt dabei so manches gute Achterl, trifft auf rabiate Land-Skinheads, steigt in so manchen Weinkeller hinab, und stößt mit seiner Beharrlichkeit sogar bei Karin Walter, der von ihm auf recht verhaltene Weise angebeteten Lehrerin, auf Ablehnung.
Fast hört man die Bienen summen, die Kehle wird beim Lesen trocken - Polt, der Genießer und Ordnungshüter ist ein guter Werbeträger für das fiktive Wiesbachtal im realen Weinviertel. Spannend, weil realistisch, farbig, weil intensiv, aufmerksam und liebevoll erzählt. Der ruhige, besonders bildhaft geschriebene Kriminalroman des 1945 geborenen Alfred Komarek wird die "österreichische Krimi-Ecke" in jeder Bibliothek aufs Unterhaltsamste ergänzen.

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Quelle: Literatur und Kritik;
Autor: Günther Stocker;
Der Ermittler / Krimis von Alfred Komarek und Manfred Wieninger

Unter tatkräftiger Mithilfe von »Österreichs größtem Nachrichtenmagazin« haben die Bücher von Wolf Haas mittlerweile Donna Leon von den Nachtkästchen dieses Landes verdrängt. In all dem Medienwirbel um den neuen Star der heimischen Unterhaltungsliteratur geht aber unter, daß es hierzulande noch andere Krimi-Autoren gibt, deren Werke sich ihren Platz neben der Nachttischlampe mindestens genauso verdient hätten. So setzt Alfred Komarek seinen preisgekrönten Erstlingsroman »Polt muß weinen« mit »Blumen für Polt« auf überzeugende Weise fort. Und Manfred Wieninger legt mit »Der dreizehnte Mann« ein äußerst bemerkenswertes Debüt vor. Mordschauplatz ist jeweils Niederösterreich, bei Wieninger die Umgebung von St. Pölten, bei Komarek wie im ersten Roman die bukolische Landschaft des Weinviertels, in der sein gutmütiger Gendarmerie-Inspektor diesmal zwei verdächtige Unfälle aufklären muß.
Dabei hatte der Tag so gut angefangen für Simon Polt. Nach einem »Brathuhn mit flaumiger Semmelfülle« und einem Glas Bier im Gasthaus Stelzer radelte er mit sich und der Welt im Einklang durch die frühlingshaften Weinberge zwischen »Brunndorf« und »Burgheim«. Fast unwirklich erscheint die idyllische Ländlichkeit, in die uns der Roman führt, mit ihren weiten Feldern, ihren Presshäusern und Kellergassen, eine Gegend, wo der Gendarm alle kennt und von allen zum Weinkosten eingeladen wird, wo es eine »junge Dorflehrerin« gibt, die Karin Walter heißt und eine klatschsüchtige »Gemischtwarenhändlerin« namens Aloisia Habesam. Doch auch im schönsten Weinbauerndorf steckt hinter der Fassade der anständigen Landsmänner Doppelmoral und Scheinheiligkeit: »Dem Manfred Wieser ist die Frau davongelaufen, weil er sie geschlagen hat, der Sauer Ferdl sauft wie ein Loch, der Heindl Walter geht in Tschechien zu den Huren.« Und dann gibt es an einem Nachmittag zwei Tote. Der Frühpensionist Rudi Riebl verdiente sich regelmäßig ein paar zusätzliche Tausender, indem er sich mit seinem Moped von den Autos leicht angetrunkener Wirtshausgeher anfahren ließ, Schmerzensgeld kassierte und seine Opfer darüber hinaus noch erpreßte. Doch als Polt nach seinem Radausflug gutgelaunt und »pünktlich um fünf« seinen Dienst antritt, trifft die Nachricht ein, daß es den Riebl diesmal tödlich erwischt hat. Polt beginnt zu ermitteln, um den Lenker des Unfallautos zu entlasten, doch dann entwickelt sich alles ganz anders, als er gedacht hat.
Der zweite Tote war gar ein Freund Polts, mit dem er kurz vor seinem Tod noch gesprochen hatte: der geistig behinderte Willi, der seine Tage spielend und sinnierend auf einer Wiese neben einem Felsabbruch verbrachte. Am selben Tag, an dem Rudi Riebl bei dem Autounfall stirbt, wird Willi am Fuße des Abhangs tot aufgefunden. Was am Anfang klar und eindeutig aussieht, wird im Laufe des Romans immer undurchsichtiger. Je mehr Polt seine Ermittlungen bedächtig, aber konsequent vorantreibt, desto rätselhafter werden die Ereignisse. Er findet sein Fahrrad nach einem Besuch im Weinkeller mit zerstochenen Reifen und einem toten Hasen am Gepäckträger, das Rad von Karin Walter wird so sabotiert, daß sie stürzt und sich erheblich verletzt, eine Gruppe von Karins Schülern taucht plötzlich unter, Polt selbst wird von zwei Skinheads aus reichem Hause tüchtig verprügelt und zu allem Überdruß verschwindet auch noch sein Kater Czernohorsky.
Komareks Erzählrhythmus entspricht der Gemächlichkeit seines Helden. Er nimmt sich Zeit, neben der Krimihandlung auch die Kulturlandschaft des Weinviertels, ihre Geschichte und das allmähliche Verschwinden der traditionellen Lebensformen dieses Landstrichs zu beschreiben mit einem wehmütigen Blick, aber ohne dabei lehrmeisterlich oder larmoyant zu werden. Das soziale Ritual des Trinkens in den Weinkellern, das die Abende ausfüllt, »weil das Fernsehprogramm wieder einmal nichts taugte«, kommt dabei ebenso in den Blick wie das seltsame Instrument des »Robisch«, mit dem einst Weinbauern und Tagelöhner gegenseitig die geleistete und zu bezahlende Arbeit kontrollierten.
Künstliche Einfachheit und Understatement sind in »Blumen für Polt« Erzählstrategie, ebenso wie eine leichte Ironie, die zusammen mit dem gepflegten Mutterwitz der Dörflerinnen und Dörfler dem Roman eine heitere Atmosphäre verleiht. Und wenn dem Krimiautor Komarek der Reisepublizist Komarek, der bereits mehrere Landschaftsbände über die Umgebung von Wien veröffentlicht hat, durchgeht, dann bremsen ihn seine Figuren wieder ein. So erklärt Polt der Dorflehrerin, in die er heimlich verliebt ist, beim Hinabsteigen in einen Weinkeller: »Am Ende der Kellerröhre gibt es 18 Meter unter der Erde einen kunstvoll gewölbten Raum, ein sogenanntes böhmisches Platzl.« Logisch, daß er mit solchem Reiseführerstil bei ihr keinen Stich macht. Dementsprechend trocken kommt auch ihre Antwort: »Wenigstens im Keller kennt sich die Gendarmerie aus, nicht wahr?«
In eine wesentlich düsterere Welt führt uns hingegen der erste Roman des 1963 in St. Pölten geborenen Manfred Wieninger. »Der dreizehnte Mann« spielt im Glasscherbenviertel von Harland, einem Städtchen im Wiener Hinterland, zwischen aufgelassenen Baugruben und anonymen Betonburgen, Peepshows und den Büros von Kredithaien. So schäbig diese Vorstadtszenerie ist, so heruntergekommen sind auch die Beziehungen zwischen den Menschen in Wieningers Roman. Was zählt, ist nur der eigene Vorteil, und den verschafft man sich nötigenfalls auch mit Gewalt.
Feindseligkeit und Mißtrauen sind die vorherrschenden Gefühle, und alle haben etwas zu verbergen: ausländerfeindliche Jugendbanden, prügelnde Polizisten, Zuhälter, schmutzige Geschäftemacher und auch die Honoratioren der Kleinstadt.
In dieser unfreundlichen Welt, über der giftige Wolken von Industrieabgaben ständig den Himmel verdunkeln, wartet der Privatdetektiv und Ich-Erzähler M 140f arek Miert in seinem »Wohnbüro« seit Wochen auf einen Auftrag. Und als dann endlich das Telephon klingelt, entpuppt sich der langersehnte Klient als kurz vor der Abschiebung stehender Ausländer, der den zweifelhaften Unfalltod seiner Lebensgefährtin aufklären lassen möchte und mangels Bargeld mit einem Videorecorder bezahlt. Angesichts solcher Verhältnisse bleibt Galgenhumor das einzige Überlebensmittel, und davon besitzt der »etwas dickliche« Ex-Polizist eine Menge.
In der besten Tradition amerikanischer Krimiklassiker entwirft Wieninger einen Helden, der nie um einen flotten Spruch verlegen ist (»Immerhin war Reden so ziemlich das einzige, was ich gut konnte.«) und der seine Arbeit abgeklärt und illusionslos betrachtet: »Als Privatdetektiv kommt es nicht darauf an, sieben Kampfsportarten zu beherrschen oder 64 Zigarettensorten allein an ihrer Asche zu erkennen. Man muß auch kein Orchideen- und Whiskeykenner sein, um in diesem Beruf für den der Intelligenzquotient eines Hamsters durchaus reicht bestehen zu können. Man muß sich nur gelegentlich in den eigenen Magen boxen und versuchen, den Stein weiter den Berg hinaufzurollen.«
Wieningers Krimi kommt schnell in Fahrt, als bei einer Baustelle Leichenreste aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden werden, politische Gefangene, die 1945 kurz vor dem Anrücken der Sowjetarmee vom »Volkssturm« auf brutale Weise getötet wurden. Miert soll hier für einen alten Schulfreund ermitteln, aber in Harland gibt es einige Leute, die lieber nicht daran erinnert werden möchten. Souverän verwebt der Roman Österreichs Probleme mit der NS-Vergangenheit mit scharf
beobachteten Milieuschilderungen und schaurig-gelungenen Figurenzeichnungen. So etwa ein böhmischer Pathologiegehilfe, der in gebrochenem Deutsch mit den Leichen spricht, während er ihnen den Schädel aufsägt.
Bildhafte Beschreibungen des Kleinstadtlebens mit seiner sozialen Tristesse unterbrechen immer wieder den Handlungsfluß und erhöhen die Spannung. Dabei verfügt der Autor über einen geradezu barocken Ausdrucksreichtum und einen sarkastischen Humor. Mierts ehemaliger Vorgesetzter, Polizeileutnant Gabloner, »hatte ein großes, unmäßiges Gesicht, das aussah, als würde er schon eine Woche darin übernachten«. Am Gang der Wachstube wartete »eine Hundertschaft eifrig transpirierender Achtzehnjähriger« begierig auf ihre Führerscheine. »Ein sonniges Wochenende wurde in allen Wettershows wie das Evangelium angekündigt eine günstige Gelegenheit, sich mit Papas Boliden umzubringen.« Die wuchernden Metaphern und Vergleiche zeugen auch von der literarischen Bildung des Verfassers. Mierts Auftraggeber ist »tolstoibärtig« und sieht aus wie »King Lear«, der Detektiv selbst residiert hinter einem »Schreibtisch wie aus einem Fontane-Roman«. Selbst wenn die Bilder manchmal zu schwülstig werden, beeindrucken doch die Sprachkraft des Romans und seine dunkle Melancholie. Zudem ist Wieninger mit seinem großmäuligen und philosophierenden Detektiv eine überzeugende Figur gelungen, der noch viele weitere Aufträge zu wünschen sind, auch wenn sich Miert keinen Illusionen darüber hingibt, daß die aus den Fugen geratene Welt durch seine Arbeit je wieder ins Lot zu bringen wäre. »In meinem Beruf, dachte ich, kommt man immer zu spät. Prinzipiell zu spät. Wenn Marek Miert wie ein übergewichtiger Geier anflattert, sind die wesentlichen Dinge schon passiert.« Aber davon weiß er auf höchst unterhaltsame Weise zu erzählen.

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